Homophobie als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Vortrag von Andreas Zick, Bielefeld

Do, 22.01.2009, 18 h c.t., Uni Bielefeld, UHG, Hörsaal 9

Seit dem Jahr 2002 werden in der Studie „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (GMF) jährlich repräsentative Stichproben der deutschen Bevölkerung über die Einstellungen gegenüber einer Reihe Gruppen erhoben, die gesellschaftlich als schwach markiert sind (vgl. jährlichen Ergebnisse in „Deutsche Zustände“, Suhrkamp, hrsg. von W. Heitmeyer). Angenommen wird, dass die Abwertung und Ausgrenzung von unterschiedlichen schwachen Gruppen Elemente eines gemeinsamen GMF-Syndroms bilden, dessen Kern eine Ideologie der Ungleichwertigkeit bildet. In der bisherigen Konzeption des Einstellungssyndroms sind neun Elemente (Vorurteile) enthalten: Rassismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit, Feindseligkeiten gegenüber dem Islam und Muslimen, Antisemitismus, die Betonung von Etabliertenvorrechten, sowie die Abwertung von Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen, Behinderten sowie die Abwertung von Menschen mit homosexueller Orientierung (Homophobie). Die Langzeitstudie prüft den Zusammenhang dieser Elemente der Menschenfeindlichkeit, verfolgt ihre Entwicklung und analysiert mögliche Ursachen und Konsequenzen. Die Abwertung von Homosexuellen lässt sich wie die Abwertung anderer Gruppen als negative Einstellungen von Gruppen gegenüber Gruppen, und damit der Definition nach als Vorurteil definieren. Ein besonderer Aspekt, der in den Vorurteilen gegenüber diesen Gruppen eine Rolle spielt ist nicht nur, dass sie Subgruppen der Mehrheitsgesellschaft sind, sondern auch die Unterstellung einer Normabweichung. Homophobie markiert zugleich eine Ideologie der Nicht-Normalität.

Der Vortrag wird Entwicklungen der Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen zeigen, ausgewählten Ursachen nachgehen und Fragen zur Diskussion stellen: Wie entwickeln sich die negativen Einstellungen der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber Homosexuellen? Was bedeutet es, dass Homophobie Element einer Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist? Als eine wesentliche Ursache der Homophobie werden mikro- und makro-soziale Faktoren untersucht. Es wird gefragt, inwieweit sozio-strukturelle Faktoren (Lebensbedingungen) Homophobie erzeugen oder blockieren, und wie diese im Zusammenhang zu individuellen Mentalitäten stehen. Die Homophobie wird dabei auch als sich selbst legitimierende Ideologie betrachtet, die der Dominanz von Mehrheitsgruppen dient, die versuchen, Normalitäten zu diktieren. Dabei sind auch andere politische Ideologien wie der Konservatismus, Autoritarismus und der Populismus genauer zu betrachten.
Andreas Zick, geb. 1962, ist Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an Universität Biele­feld mit einem Schwergewicht auf Forschungen zur Psychologie von Vorurteilen, Rechtsextremismus und Antisemitismus.