Jagdszenen

Kommentar zu Russland und Beck
Jagdszenen

Alle Achtung, Volker Beck. Es gehört schon Hartnäckigkeit dazu, ein Jahr nach einer staatlich geduldeten, wenn nicht gar inszenierten Schlägerei erneut nach Moskau zu fahren, um für die Rechte von Schwulen und Lesben in der real existierenden Oligarchie zu werben. Um dann erneut Jagdszenen zu erleben, die mit einer aufgeklärten Demokratie wahrlich nichts zu tun haben. Mag das Engagement des deutschen Grünen-Abgeordneten und einiger Kollegen aus anderen demokratischen Parlamenten manchen auch als bloße Penetranz erscheinen: Zum zivilisatorischen Fortschritt brauchte es von jeher Leute, die den Mut haben, nicht locker zu lassen.
Am Ende werden die Menschenrechte auch in Russland nur vom Volk selbst durchgesetzt werden können. Aber Unterstützer von außen sorgen, wie man sieht, bei Übergriffen für internationale Aufmerksamkeit – was kurz- und mittelfristig eine gewisse Schutzfunktion für Minderheiten haben kann. Und noch einen weiteren Effekt sollte man nicht unterschätzen: Solche Proben aufs halbdemokratische Exempel erschweren es den Regierungen im Westen, gegenüber Wladimir Putin opportunistisch zu schweigen. Nennen wir es bürgerschaftliches Engagement: klingt komplett harmlos, wird zuhause auch immer gefordert. Das Wochenende in Moskau belegte wieder mal, wie wichtig es ist. Nach innen und nach außen.
Richard Meng, Frankfurter Rundschau, 29.05.07